Die Beschenkte by Kristin Cashore

Die Beschenkte by Kristin Cashore

Autor:Kristin Cashore
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
Herausgeber: Carlsen Verlag
veröffentlicht: 2010-08-03T04:00:00+00:00


Sie führten ganze Gespräche, in denen sie kein Wort sagte. Bo spürte, wenn Katsa mit ihm reden wollte, und wenn sie ihm etwas sagen wollte, konnte er es mit seiner Gabe einfangen. Es schien ihnen nützlich, diese Fähigkeit zu üben. Und Katsa merkte, je unbefangener sie ihm ihre Gedanken öffnete, umso leichter fiel es ihr auch, sie vor ihm zu verbergen. Das war allerdings nicht sehr befriedigend, denn wenn sie ihm ihre Empfindungen nicht zugänglich machte, musste sie diese Gefühle auch vor sich selbst verschließen. Aber es war wenigstens etwas.

Sie fanden heraus, dass es für ihn einfacher war, ihre Gedanken aufzunehmen, als für Katsa, sie zu formulieren. Zuerst fasste sie alles in stumme Worte, als würde sie mit ihm sprechen. Willst du anhalten und Rast machen? Soll ich uns ein Abendessen besorgen? Ich habe kein Wasser mehr. »Natürlich verstehe ich dich, wenn du so präzise bist«, sagte Bo. »Aber du musst dich nicht so anstrengen. Ich kann auch Bilder verstehen, Gefühle oder Gedanken in ungeformten Sätzen.«

Auch das war für sie zuerst schwierig. Sie fürchtete missverstanden zu werden und formte ihre inneren Bilder so sorgsam wie ihre Sätze. Fische über dem Feuer braten. Ein Bach. Die Kräuter, der Seenagel, den sie beim Abendessen zu sich nehmen musste.

»Wenn du mir einen Gedanken zugänglich machst, Katsa, verstehe ich ihn – egal wie du ihn denkst. Wenn du willst, dass ich etwas weiß, erfahre ich es.«

Aber was bedeutete es, ihm einen Gedanken zugänglich zu machen? Zu wollen, dass er ihn kannte? Sie versuchte einfach seine Gedanken zu erreichen, wenn er etwas erfahren sollte. Bo! Und dann überließ sie es ihm, das Wesentliche des Gedankens aufzunehmen.

Das schien zu gelingen. Sie übte ständig, sowohl mit ihm zu kommunizieren, als auch sich ihm zu verschließen. Langsam entspannte sie sich dabei.

Eines Abends am Feuer, vor dem Regen geschützt durch ein Dach aus Ästen, das sie gebaut hatte, bat sie ihn, ihr seine Ringe zu zeigen. Er reichte ihr die Hände. Sie zählte an seiner rechten Hand sechs einfache goldene Ringe in verschiedener Breite. An der linken trug er einen einfachen Ring aus Gold, einen dünneren mit eingelegten grauen Steinen in der Mitte, und einen breiten, schweren mit einem spitzen, glitzernden weißen Stein – der musste sie in jener Nacht am Schießplatz gekratzt haben. Und dann noch einen einfachen goldenen Ring wie den ersten, aber mit dem eingravierten Muster, das sie von seinen Malen am Arm kannte. Dieser Ring brachte sie auf den Gedanken, dass die Ringe vielleicht eine Bedeutung hatten.

»Ja«, sagte Bo. »Jeder Ring, den ein Lienid trägt, bedeutet etwas. Dieser mit der Gravur ist der Ring des siebten Königssohns. Er steht für mein Schloss und meine Stellung als Prinz. Er ist mein Erbe.«

Haben deine Brüder einen anderen Ring und Armschmuck?

»Ja, das haben sie.«

Katsa berührte den großen, schweren Ring mit dem spitzen weißen Stein. Das ist der Ring eines Königs.

»Ja, der Ring symbolisiert meinen Vater. Und dieser«, er zeigte auf den kleinen mit der grauen Linie aus Steinen in der Mitte, »meine Mutter, und dieser einfache hier meinen Großvater.



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